Nachdem ich beschlossen habe mich bei Instagram nicht mehr zu verausgaben, nur damit der Algorithmus meine Beiträge eventuell pusht (und er es dann doch nicht tut), geht es mir deutlich besser. Ich habe einige Follower*innen verloren, womit ich ja gerechnet habe. Der erste Newsletter ist am Freitag rausgegangen und erstaunlich viele haben sich hierfür angemeldet – darüber habe ich mich riesig gefreut. Ich war tatsächlich etwas aufgeregt als ich auf „senden“ gedrückt und mir dabei vorgestellt habe, wie dieser Text nun ganz frisch in eure Postfächer flattert. Leider scheint es Probleme mit web und gmx Mailadressen zu geben, so dass ich erstmal einige Nachrichten beantworten und den Link separat versenden musste. (Was ich gerne getan habe, aber natürlich nicht im Sinne des Erfinders eines Newsletters ist. Ihr versteht.)
Was mich an den sozialen Netzwerken, vor allem bei Instagram, stört, ist dass man ständig einem Vergleich ausgesetzt ist. Dass die einen immer die gleichen Leute in ihren Stories empfehlen und man das Gefühl hat, man müsste jeden Tag aktiv sein, um ansatzweise gesehen zu werden. Die Schnelllebigkeit, die Begrenzungen und die Gier nach noch mehr Likes und noch mehr Abonnent*innen, sind für mich auf die Dauer ungesund.
Aber eigentlich wollte ich nicht über Instagram reden, sondern darüber erzählen, dass ich bis Ende Februar ein kleines Experiment durchführen möchte: In den kommenden sechs Wochen werde ich jeden Sonntag einen kleinen Artikel auf dem Blog veröffentlichen – den sogenannten Sonntagspost. Dies ist zunächst lediglich ein Versuch, denn ich möchte erstmal ausprobieren, ob ich dieses Vorhaben leisten kann, sowohl zeitlich als auch mental. Ich möchte mich nicht unter Druck setzen oder mir zusätzlich etwas aufbürden, das ich nicht leisten kann. Das hier soll nicht in Stress ausarten – ganz im Gegenteil. Deshalb ist das Vorhaben zunächst bis Ende Februar begrenzt.
Was sind die Sonntagsposts?
Bei den Sonntagsposts gehe ich meinen Gedanken nach und werde schreibend über ein Thema reflektieren, das mich gerade beschäftigt. Die Texte werden relativ kurz sein, sie sind nicht vollständig im Sinne von, dass alle Aspekte mitbedacht werden, sie sind höchst subjektiv und sollen im besten Falle dazu anregen die Gedanken weiterzuspinnen.
Der heutige Sonntagspost widmet sich dem Thema Freundschaft. Ich lese gerade das Buch von Susann Sitzler „Freundinnen – Was Frauen einander bedeuten“. Ich habe es noch nicht zu Ende gelesen, aber ich kann sagen, ihre Texte über Frauenfreundschaft regen mich zum Nachdenken an. Freundschaften mit Frauen haben mir schon immer sehr viel bedeutet und nehmen einen hohen Stellenwert in meinem Leben ein. Manchmal lerne ich Frauen kennen und habe das Bedürfnis genau mit dieser einen befreundet sein zu wollen. Es gibt Frauen, die mich auf eine ganz spezifische Weise faszinieren und inspirieren, die mich in ihren Bann ziehen, einfach weil sie sind wie sie sind. Vielleicht auch weil ich das Gefühl habe, mich durch sie weiterentwickeln zu können, dass ich durch das Zusammensein mit ihnen meinen Blick auf diese Welt neu entdecken kann.
Die Bedeutung von Freundschaft
Mit Freundschaften verbinde ich vor allem Vertrauen sowie Verbundenheit und nicht in erster Linie Gemeinsamkeit. Ich habe Freundinnen, die komplett anders ticken als ich und ich liebe diese Menschen – vielleicht gerade deswegen. Einige meiner Freundinnen sehe ich nicht regelmäßig oder sogar kaum (gut, während des Lockdowns ist das nicht weiter schwer), manche von ihnen sehe ich maximal zwei Mal im Jahr und doch fühle ich mich mit ihnen auf eine Weise verbunden, die trotz Distanz eine Art von Nähe herstellt.
Mit meiner Freundin, die mehrere hundert Kilometer entfernt wohnt, verbindet mich mehr als das reale Zusammensein. Sie ist oft die erste, die ich kontaktiere, wenn ich etwas auf dem Herzen habe. Sie ist eine der ersten Menschen, die wichtige Dinge aus meinem Leben erfährt. Diese Freundschaft hat sich über die Jahre entwickelt und wir beide sind auf den ersten Blick völlig unterschiedlich, auf den zweiten dann wieder nicht. Manchmal senden wir uns fast jeden Tag mindestens eine Sprachnachricht, dann ist es wieder mehrere Tage ruhig – und beides ist okay.
Neid und Missgunst in Freundschaftsbeziehungen
Ich habe aber auch Frauenfreundschaften erlebt, die irgendwann toxisch wurden, weil sich plötzlich so etwas wie Konkurrenz und Rivalität zwischen uns entwickelt hat. Auch Neid ist ein Thema, das insbesondere in Frauenfreundschaften vorkommt. Natürlich kenne auch ich jene Gefühle wie Neid – ich würde lügen, wenn ich noch nie neidisch auf meine Freundinnen gewesen wäre. Ich glaube sogar, dass es ganz normal ist. Die Frage ist nur, wie wir damit umgehen (wollen)? Verdrängen wir Neid oder wollen wir uns mit ihm konstruktiv auseinandersetzen? Ich würde es begrüßen, wenn wir diese Art von Gefühlen offen ansprechen könnten. Ich kann mir vorstellen, dass Neid tatsächlich auch in eine gute Richtung umgelenkt werden kann. Zum Beispiel kann er anspornen neue Ziele zu setzen und etwas in Bewegung zu bringen. Aber Neid kann eben auch zerstörerisch sein und Freundschaften werden früher oder später mit hoher Wahrscheinlichkeit daran zerbrechen.
„Freundinnen können, ebenso wie ein Liebespartner, vor Einsamkeit schützen. Man muss dafür nicht einmal den hohen Preis der fast vollständigen Vereinnahmung bezahlen, den eine Liebesbeziehung häufig fordert. Und wenn die Freundschaft scheitert, riskiert man nicht die Verletzung des sozialen Ansehens wie etwa bei einer Scheidung. Aber gerade in dieser buchstäblichen Unverbindlichkeit liegt auch ihre größte Gefahr. (…). Freundschaft mit Frauen kann so anstrengend sein. Diese Beziehungen sind so komplex. Sie können aufwendig sein und voller Gefahr. Diese Beziehungen haben große Macht über uns. Wir können zurückgewiesen werden. Wir müssen Zeit aufwenden, die wir vielleicht nicht haben. Wir müssen uns vergleichen und werden verglichen. Wir können unwichtig werden und müssen Verrat in Kauf nehmen. Wir haben Rivalität auszuhalten oder zu überwinden. Wir müssen uns anstrengen, und trotzdem verlieren wir vielleicht.“
Susann Sitzler: Freundinnen – Was Frauen einander bedeuten (S.74)
Ich finde, dieser Abschnitt über Freundschaft aus dem Buch von Susann Sitzler trifft es ganz gut und macht vor allem die Komplexität einer solchen Freundschaftsbeziehung deutlich. Während ich das Buch lese, denke ich immer wieder darüber nach, was für mich eine Freundinnenschaft ausmacht. Immer wieder kommt mir dabei ein Wort in den Sinn: Loyalität. Ich glaube sogar, dass Loyalität die Basis einer Freundschaft ausmacht. Meine Freundinnen wissen mehr über mich als meine Familie. In meinen Freundschaftsbeziehungen zeige ich mich unglaublich verletzlich und wenn jenes Wissen oder die eigene Verletzlichkeit plötzlich gegen einen verwendet wird, dann kann das tiefe Wunden hervorrufen. Ich möchte das nicht erleben wollen und habe manchmal Angst davor, dass so etwas geschieht.
Wenn wir unser Herz öffnen, machen wir uns verletzlich
Die größte Angst in meinem Leben – seit ich denken kann -, ist die, dass ich Ablehnung erfahre. Dass ich von Menschen, die ich in mein Herz geschlossen habe, verlassen werde. Ich weiß, dass das geschieht und es ist auch schon passiert. Ich könnte mich nur dagegen schützen, wenn ich niemanden mehr in mein Herz hineinlassen würde. Doch daran würde ich langsam aber sicher zerbrechen. Es birgt immer gewisse Risiken Menschen nah an sich herankommen zu lassen, nicht nur in Liebesbeziehungen – auch und im Besonderen in Freundschaftsbeziehungen. Doch ich weiß, ohne diese Menschen, vor allem ohne diese Frauenfreundschaften, wäre ich heute nicht die, die ich bin.
Danke an alle Frauen, die sowohl mein Leben als auch diese Welt auf ihre Weise, so unglaublich bereichern.
Einen schönen Sonntag euch – und natürlich euren Freundinnen
Herzlichst Sandra